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Gemeinwohlorientierung und Gemeinnützigkeit

Ihr strebt die Gemeinnützigkeit an? In diesem Beitrag erfahrt ihr alles rund um das Thema. Was sind die Vor- und Nachteile? Welche konkreten Schritte müsst ihr zur Anerkennung gehen? Worauf müsst ihr im Kontakt mit dem Finanzamt achten?

Im Beitrag spreche ich die Einordnung gemeinwohlorientierter Gründungsvorhaben als gemeinnützig an. Die alleinige Verwendung des Begriffes “gemeinnützig” ist jedoch verengend, weil neben gemeinnützigen Vorhaben auch mildtätige und kirchliche Zwecke als steuerbegünstigt anerkannt werden können. Da im sozialunternehmerischen Kontext eher gemeinnützige und mildtätige Zwecke eine Rolle spielen, konzentriere ich mich in diesem Beitrag auch ersteinmal nur darauf.

Gemeinnützigkeit ist ein steuerrechtlicher Begriff aus der Abgabenordnung (AO). Danach verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.

Auch die Mildtätigkeit ist in der AO geregelt. Mildtätigkeit ist die selbstlose Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands oder ihrer wirtschaftlichen Lage auf die Hilfe anderer angewiesen sind.

Die Abgabenordnung stellt gesetzliche Anforderungen auf, die ihr beachten solltet, um mit eurer Idee vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt zu werden. Folgende Punkte sind besonders relevant: (1) Selbstlosigkeit, (2) Ausschließlichkeit und (3) Unmittelbarkeit. Weitere Informationen dazu erhaltet ihr in meinem Beitrag “Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit”.

Eine als gemeinnützig anerkannte Körperschaft genießt steuerliche Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen nicht gemeinnützigen Mitbewerbern (siehe dazu “Vor- und Nachteile der Gemeinnützigkeit”). Deswegen prüft das Finanzamt auch sehr streng, ob die Satzung (oder der Gesellschaftsvertrag) und die tatsächliche Geschäftsführung eures Unternehmens den Anforderungen der AO entsprechen (siehe dazu die Beiträge “Im Kontakt mit dem Finanzamt” und “Die Steuermustersatzung einer gemeinnützigen Körperschaft”).

Um die Geschäftsführung gut nachvollziehen zu können, haben alle steuerbegünstigten Körperschaften ihre Einnahmen und Ausgaben in die vier anerkannten Tätigkeitsbereiche (ideeller Bereich, Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) zu unterteilen. Der administrative Aufwand ist dadurch etwas höher als in einer nicht gemeinnützigen Organisation (dazu “Die vier Tätigkeitsbereiche einer gemeinnützigen Körperschaft”).

Nicht jede sozialunternehmerische Idee wird zwangsläufig als gemeinnützig anerkannt und so kommt es auch vor, dass ein Social Business durchaus ein sehr  gutes soziales Engagement haben kann und dennoch wegen der gesetzlichen Voraussetzungen keinen Steuervorteil bekommt.

Wichtig zu wissen: Nur Körperschaften, Personenvereinigungen und Stiftungen nach dem Körperschaftssteuergesetz können als steuerbegünstigt anerkannt werden. Personengesellschaften, wie die GbR, können diesen steuerlichen Vorteil nicht erhalten.

Im Koalitionsvertrag 2021- 2025 der Bundesregierung wird unter der Überschrift „Start-up-, Gründungs- und Innovationsförderung“ auch eine Gesellschaftsform mit „gebundenem Vermögen“ erwähnt. Hintergrund sind konzeptionelle Vorschläge von Sozialunternehmer:innen an die Regierung, eine Unternehmensform in Verantwortungseigentum zu schaffen. Die Vorschläge gehen in die Richtung, bestehende Gesetze, wie das GmbH-Gesetz, zu erweitern und dadurch eine ökonomisch nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens rechtsverbindlich zu gewährleisten. Investor:innen, Kund:innen und andere Stakeholder wären dann sicher, dass die Ausrichtung des Unternehmens nicht mehr abgeändert werden kann und das Vermögen an das Unternehmen gebunden bleibt. Das Unternehmen wäre dann kein Spekulationsobjekt mehr und würde dauerhaft dem festgelegten Zweck dienen. Diese neue „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ (GmgV) soll eine Alternative zu den eher aufwändigeren Stiftungsmodellen anbieten. Noch gibt es keinen Gesetzesvorschlag. Der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums hat sich leider Ende 2022 in der Stellungnahme „Zum Vorschlag für eine GmbH mit gebundenem Vermögen (GmbH-gebV)“ auch eher skeptisch zur Einführung dieser neuen Rechtsform geäußert und Probleme bei Governance, generationsübergreifenden Freiheitsbeschränkungen und Lücken bei der Besteuerung gesehen.

Hier könnt ihr eine kommentierte Vereinssatzung eines gemeinnützigen Vereins herunterladen.

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