In dieser Lerneinheit erhaltet ihr einen Überblick, welche Rechtsformen es gibt und welche davon für gemeinwohlorientierte Gründungsvorhaben geeignet sind.
Gemeinwohlorientierte Unternehmen spielen bei der Transformation zu einer sozialen, nachhaltigen, grünen und digitalen Wirtschaft bereits heute eine wichtige Rolle. Im Startup Monitor 2022 ordnet sich fast die Hälfte der Unternehmen der Green Economy zu und will in diesem Bereich einen Beitrag leisten. Um euer Kerngeschäft wirksam zu fördern, benötigt ihr eine passende Rechtsform. Die Rechtsform ist dabei das Gerüst für eure Unternehmung und eure Auswahl hat rechtliche, finanzielle und gemessen am administrativen Aufwand zeitliche Folgen für euch. Es gibt weder die optimale Rechtsform noch die Rechtsform auf Dauer.
Attraktiv aus Sicht der Gründer:innen sind oft Rechtsformen, die mit wenig Gründungskapital errichtet werden können und bei denen der administrative Aufwand so gering wie möglich ist.
Deswegen ist es im sozialunternehmerischen Bereich üblich, zunächst mit wenig Aufwand und unter Einsatz von wenig Ressourcen (Geld und Zeit) zu gründen. Sofern sich das Unternehmen gut entwickelt, kann dann mittelfristig die Umsetzung der Geschäftsidee durch die Umwandlung der bestehenden Rechtsform oder durch die Gründung von weiteren Gesellschaften (siehe „Basiswissen Hybride Gesellschaftsstruktur“) gefördert werden.
Wichtige Entscheidungskriterien, die in den Gründungsberatungen immer wieder eine Rolle spielen, sind:
- Anzahl der erforderlichen Gründungsmitglieder,
- Formvorschriften bei der Gründung und laufender administrativer Aufwand,
- Höhe des notwendigen Gründungskapitals,
- Haftungsfragen,
- Finanzierung (Eigen- und Fremdfinanzierung),
- Stimmrecht und Entscheidungsspielraum der Gründer:innen und
- Gemeinnützigkeit.
Da sozialunternehmerische Gründungen häufig von mindestens zwei Personen getragen werden, stehen oft die Rechtsformen Personengesellschaften und Körperschaften im Fokus.
Durch den so genannten Typenzwang könnt ihr als Gründer:innen nur zwischen den bestehen Rechtsformen auswählen. Innerhalb der Typen seid Ihr jedoch sehr frei und könnt in einem gewissen Rahmen die bestehenden Rechtsformen untereinander mischen, sofern dies eurem Geschäftsmodell dient.
Als Grundform der Personengesellschaft kommt die GbR, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, auch BGB-Gesellschaft genannt, in Betracht. Da die GbR formfrei gegründet werden kann, werdet Ihr in der Regel dieses Rechtsformstadium immer durchlaufen und sei es nur, weil ihr gerade eure Geschäftsidee an Prototypen testet und bislang noch keine andere Rechtsform gegründet habt.
Der Vollständigkeit halber seien hier auch die Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG) genannt, obwohl diese eher eine untergeordnete Rolle bei Sozialunternehmer:innen spielen. Beide Rechtsformen sind Personengesellschaften für kaufmännische Geschäftsideen, bei denen die Regelungen des Handelsgesetzbuches gelten und im Falle der KG die Haftung für bestimmte Gesellschafter:innen begrenzt werden kann.
Eine entscheidende Rolle hingegen nehmen die Körperschaften ein. Eine Körperschaft ist ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Personen zur gemeinschaftlichen Zweckverfolgung. Der Fortbestand der Körperschaft ist unabhängig vom Wechsel ihrer Mitglieder. Die Körperschaft ist daher eine rechtsfähige juristische Person, d. h. sie ist Trägerin eigener Rechte und Pflichten.
Typische sozialunternehmerische Körperschaften sind der eingetragene Verein (e.V.) und die Kapitalgesellschaften „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (GmbH) und „Unternehmergesellschaft“ (UG (haftungsbeschränkt)). Die Genossenschaft, eine weitere körperschaftlich organisierte Rechtsform, könnte mittelfristig für euer Geschäftsmodell eine Rolle spielen, wenn basisdemokratische Entscheidungsfindungen und eine Eigenkapitalisierung der Gesellschaft über die Mitglieder für euch wichtig sind.
Damit Körperschaften im Rechtsverkehr überhaupt handeln können, benötigen sie Organe, die sowohl die Vertretung nach außen als auch die Geschäftsführung nach innen übernehmen und den Mitgliederwillen artikulieren.
Als eine weitere rechtliche Form sind die Stiftungen im Bereich der sozial ausgerichteten Unternehmungen nicht mehr wegzudenken. Als verselbstständigte Vermögensmassen sind diese eine attraktive Rechtsform für Unternehmungen, bei den der Stifter:innenwille unantastbar sein soll. Bei Gründungen mit wenig Kapital hat die rechtsfähige Stiftung eher keine Bedeutung, kann jedoch gerade in hybriden Geschäftsmodellen (siehe „Basiswissen Hybride Gesellschaftsstruktur“) eine wichtige Rolle einnehmen. Sofern eine dauerhafte Vermögenswidmung für die Umsetzung eurer Geschäftsidee entscheidend ist, kann bereits mit 1 Euro eine nichtrechtsfähige Stiftung (oft auch unselbständige, treuhänderische oder fiduziarische Stiftung genannt) gegründet werden. Das Vermögen der Stiftung übernimmt vertraglich ein Treuhänder. Und deswegen eignet sich diese Gestaltung eher für reine Fördertätigkeiten als für operative Geschäfte.
Abschließend ist festzuhalten, dass die Politik gefragt ist, um die Bedingungen für sozialunternehmerisches Gründen zu vereinfachen. Von den befragten knapp 2.000 Startups sieht der überwiegende Teil die Beschleunigung und Vereinfachung von Verwaltungsprozessen als wichtigsten Faktor zur Stärkung des Ökosystems an (Startup Monitor 2022). Im Koalitionsvertrag 2021- 2025 der Bundesregierung ist festgehalten, dass eine nationale Strategie für Sozialunternehmen erarbeitet werden soll, um gemeinwohlorientierte Unternehmen und soziale Innovationen stärker zu unterstützen. Die Bundesregierung möchte danach die rechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientiertes Wirtschaften, wie zum Beispiel für Genossenschaften, Sozialunternehmen und Integrationsunternehmen verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass es hierzu nun rasch entsprechende Gesetzgebungsverfahren geben wird.